Deutsche Diabetes-Studie: Das GDS-Briefing, Vol. 2

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LEBENSECHT

Interview mit Karate-Meister Alexander Piel: „Diabetes gehört zu meinem Leben wie Karate!“

Kampfsport wird in der Öffentlichkeit häufig mit Stärke assoziiert, während Diabetes hingegen oft als Handicap betrachtet wird. Karate-Allrounder Alexander Piel, mehrmaliger Sieger der Deutschen Karate-Meisterschaft und des Europa-Cups, zeigt, dass sich beides nicht ausschließt, sondern gut ergänzen kann. In unserem Gespräch gibt er uns einen Einblick in die Künste der Selbstverteidigung.

Wann sind Sie das erste Mal mit Karate in Kontakt gekommen?

Ich war schon immer sehr sportlich und daher hat mein Vater mir mit acht Jahren verschiedene Kampfsportarten gezeigt. Ich konnte mir das bei unterschiedlichen Vereinen ansehen und Karate hat mir schlussendlich am besten gefallen – und das bis heute.

Karate-Meister Alexander Piel

Was fasziniert Sie bis heute an dieser Kampfsportart?

Es ist ein unglaubliches Ganzkörper-Training, welches Koordination, Kraft und Schnelligkeit verbindet. Aber es geht auch um Ausdauer, sowie um Disziplin. Folglich handelt es sich um ein mentales Training. Man wiederholt selbst mit mehreren schwarzen Meistergürteln (den sogenannten Dans) immer wieder die Übungen aus der Anfangszeit, um diese zu optimieren.

In der Öffentlichkeit werden Karate, Kung Fu, Judo und Taekwondo immer gerne durcheinandergeworfen: Können Sie kurz die Unterschiede umreißen?

Kung Fu beschreibt eine Vielzahl von chinesischen Kampfkunststilen. Taekwondo kommt hingegen aus Korea und ist Karate in vielerlei Hinsicht ähnlich. Einfach gesprochen unterscheiden sie sich darin, dass Taekwondo mehr den Fokus auf Fußtechniken legt, wohingegen im Karate Fuß- und Fausttechniken im gleichen Maße wichtig sind. Judo arbeitet hingegen viel mit Griffen und Würfen; kann also eher mit dem Ringen verglichen werden. Aber auch Karate an sich untergliedert sich in vielerlei Stile – im Grunde wie die Dialekte einer Sprache. Der Geburtstort des traditionellen Karate ist Okinawa, eine kleine Inselgruppe südlich von Japan. Karate hat in seiner Geschichte daraufhin verschiedene Einflüsse vom asiatischen Festland übernommen. So haben sich die verschiedenen Stilrichtungen wie etwa Shotokan entwickelt.

Können Sie ein wenig genauer auf Karate eingehen?

Es gibt im Grunde die drei Säulen des Karate: Kihon, Kata und Kumite. Kihon bezeichnet das regelmäßige Trainieren der Grundtechniken. Die Kata wird auch oft als Schattenboxen bezeichnet, wobei hier eine genau vorgegebene choreographische Abfolge von Techniken durchgeführt wird. Kraft, Schnelligkeit, Athletik und Präzision stehen hier in der Technikausführung im Vordergrund. Dies kann alleine geschehen oder im Team. Zu guter Letzt gibt es das Kumite, welches den Kampf gegen einen Gegner darstellt. Mein persönlicher Favorit ist die Kata, weil ich dort auf Bundesebene in der Nationalmannschaft aktiv war und bei Europa- u. Weltmeisterschaften starten durfte. Das war von Anfang an meine absolute Lieblingsdisziplin.

Sie sprachen von Ihren Erfolgen – gab es denn auch mal Rückschläge? Und wie sind Sie damit umgegangen?

Früher habe ich bei Turnieren gefühlt immer den vierten Platz belegt – den unrühmlichsten Platz, den es gibt. Aber man darf sich davon nicht unterkriegen lassen, denn es zeigt ja, das Potenzial vorhanden ist. Mit Disziplin und Hartnäckigkeit habe ich es schließlich doch noch nach ganz oben aufs Treppchen geschafft. Und das ist auch das entscheidende Element: Disziplin.

Trifft dies auch im Umgang mit Diabetes zu?

Das würde ich schon sagen. Ich habe die Diagnose Typ-1-Diabetes ungefähr mit zwei Jahren erhalten. Daher gehört der Diabetes genauso wie Karate zu meinem Leben. Mein Zielblutzucker für Meisterschaften und im Training ist bei mir 140 – 160 mg/dl. Da fühle ich mich nicht nur wohl, sondern da kann ich auch die beste Leistung erbringen. Das ist gerade beim Wettkampf sehr wichtig, denn da kommen ja auch noch weitere Faktoren wie Adrenalin hinzu.

Wie regulieren Sie denn Ihren Blutzucker kurz vor einem Wettkampf? Wirken sich Abweichungen auf Ihre Leistungsfähigkeit aus?

Ich habe sowohl im Training als auch bei einem Wettkampf immer zwei Getränkeflaschen in meiner Sporttasche – eine mit Saft oder Apfelschorle, eine mit Wasser. Je nach Blutzuckerwert greife ich mir zwischendurch die eine oder andere Flasche. Zusätzlich darf Traubenzucker für den Notfall natürlich niemals fehlen! Dies – gerade in Zusammenarbeit mit den heute modernen Technologien wie CGM und Patch-Pumpe – erleichtern das Diabetes-Management im Sport und vor allem auch in der Zeit nach einer Trainingseinheit oder eines Wettkampfes ungemein.

Lehren Sie die Kampfkünste auch?

2012 habe ich mit meiner aktiven Wettkampf-Karriere aufgehört und mich vermehrt auf das Kinder-Karate-Training fokussiert. Es liegt mir sehr am Herzen andere Menschen zu motivieren. Ich habe schon seit ich fünfzehn bin Kindertraining angeboten und daher viele Schülerinnen und Schüler zur Deutschen Meisterschaft geführt. Diese Erlebnisse verbuche ich als großen Erfolg. Aber wichtig ist für mich nicht unbedingt, dass Kinder Karate oder eine Kampfsportart betreiben. Viel wichtiger ist es überhaupt einem Sport nachzugehen, der einem Spaß macht. Ganz egal, ob man Diabetes hat oder nicht.

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