Der diesjährige Weltdiabetestag am 14. November steht unter dem Motto „Diabetes and well-being“. Zu diesem Thema haben Forschende des Deutschen Diabetes-Zentrums (DDZ) Untersuchungen zum Wohlbefinden und der Lebensqualität von Menschen mit Diabetes durchgeführt und ihre Ergebnisse in The Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht.
Obwohl sich der klinische Verlauf der Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus in der Regel komplex und variabel gestaltet, wird die überwiegende Zahl der Menschen mit Diabetes noch immer entweder dem Typ-2- oder dem Typ-1-Diabetes zugerechnet. Aufgrund der großen Vielfalt der zugrundeliegenden biologischen Mechanismen lässt sich zudem noch immer nicht exakt vorhersagen, ob und wann Personen mit Diabetes Komplikationen entwickeln. Die Grundlage für die Entwicklung maßgeschneiderter Strategien für die Früherkennung, Prävention und Therapie im Sinne der Präzisionsdiabetologie könnte die Einteilung in fünf verschiedene Diabetes-Subtypen anhand klinischer und laborchemischer Variablen liefern.
„Das DDZ trägt mit seiner Forschung wesentlich zur detaillierten Charakterisierung des Komplikationsrisikos in den Diabetes-Subtypen bei. Ziel der Präzisionsdiabetologie ist es, maßgeschneiderte Therapiekonzepte für Menschen mit Diabetes zu entwickeln und so zum einen den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen sowie zum anderen den betroffenen Personen auch eine bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen.“, betont Prof. Dr. Michael Roden, Wissenschaftlicher Geschäftsführer und Sprecher des Vorstands des DDZ und Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD).
Daten der Deutschen Diabetes-Studie (GDS)
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werteten die DDZ-Forschenden Daten von 1.391 Teilnehmenden der Deutschen Diabetes-Studie (German Diabetes Study, GDS) aus. Die GDS ist eine vom DDZ initiierte und geleitete prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie, die den natürlichen Verlauf von Diabetes bei erwachsenen Menschen, bei denen die Erkrankung neu-diagnostiziert wurde (< 12 Monate), untersucht. Neben einer Vielzahl an Untersuchungen füllen die Teilnehmenden der GDS auch validierte Fragebögen, unter anderem zum Wohlbefinden, der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, Depressionssymptomen und zur diabetesbezogenen Belastung (Diabetes Distress) während der Visiten aus.
Ziel der Forschenden war es, den Zusammenhang zwischen den Diabetes-Subtypen und den von den betroffenen Personen wahrgenommenen Gesundheitszustand (Patient-reported Outcomes) zu untersuchen.
Unterschiede zwischen den Diabetes-Subtypen sichtbar
Die Auswertung zeigte, dass sich die Personen in Abhängigkeit ihres Diabetes-Subtyps bereits während des ersten Jahres nach der Diabetes-Diagnose in Bezug auf ihr Wohlbefinden, ihre gesundheitsbezogene Lebensqualität, diabetesbezogene Belastung und depressive Symptome unterscheiden. Personen des Subtyps schwerer insulinresistenter Diabetes (severe insulin-resistant diabetes, SIRD) wiesen bei Studieneinschluss eine höhere Depressionssymptomatik auf als Personen mit einem milden Alters-assoziierten Diabetes (mild age-related diabetes, MARD) und eine niedrigere körperliche Lebensqualität im Vergleich zu den vier anderen Diabetes-Subtypen. Personen mit einem schweren autoimmunen Diabetes (severe autoimmune diabetes, SAID) berichteten von stärkeren depressiven Symptomen und einer niedrigeren psychischen Lebensqualität als Personen mit MARD sowie einer höheren diabetesbezogenen Belastung als die meisten anderen Subtypen. Im Vergleich zu Personen mit MARD oder einem milden Adipositas-assoziierten Diabetes (mild obesity-related diabetes, MOD) wiesen Personen mit SAID jedoch eine höhere körperliche Lebensqualität auf.
Zudem lässt die Auswertung vermuten, dass Personen mit SIRD nach fünf Jahren mit höherer Wahrscheinlichkeit eine klinisch relevante Depression und ein niedrigeres Wohlbefinden hatten als Personen mit MARD.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Zugehörigkeit zu einem Diabetes-Subtyp mit dem Risiko von zukünftigen depressiven Symptomen zusammenhängt. Die Beobachtung, dass Personen mit SIRD nach fünf Jahren mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Depression haben ist bemerkenswert, da in vorherigen Studien für diesen Subtyp bereits ein erhöhtes Risiko für diabetesbedingte Folgeerkrankungen festgestellt werden konnte.“, erläutert Prof. Dr. Dr. Andrea Icks, Direktorin des Instituts für Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie am DDZ.
Quelle:
Sommer J, Borgmann SO, Gontscharuk V et al. Depression symptoms, wellbeing, health-related quality of life, and diabetes-related distress in novel subtypes of recent-onset diabetes in Germany: a 5-year observational follow-up study. Lancet Diabetes Endocrinol (2024). https://doi.org/10.1016/s2213-8587(24)00234-1
Über den Weltdiabetestag:
Der Weltdiabetestag am 14. November ist neben dem Welt-AIDS-Tag der zweite offizielle Tag der Vereinten Nationen (UN), der einer Krankheit gewidmet ist. Er wurde im Dezember 2006 von der UN-Generalversammlung angesichts der weltweit dramatisch steigenden Zahlen von Menschen mit Diabetes beschlossen. Während andere Tage wie Weltherztag oder Weltnierentag von den jeweiligen Fachorganisationen ins Leben gerufen wurden oder Tage wie „Tag der gesunden Ernährung“ oder „Tag der Rückengesundheit“ eher Tage sind, die von Marketingabteilungen erfunden wurden, dient der Weltdiabetestag zur Fokussierung auf eine chronische Erkrankung, die nicht heilbar ist.
Über das DDZ:
Das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ) versteht sich als deutsches Referenzzentrum zum Krankheitsbild Diabetes. Ziel ist es, einen Beitrag zur Verbesserung von Prävention, Früherkennung, Diagnostik und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Gleichzeitig soll die epidemiologische Datenlage in Deutschland verbessert werden. Federführend leitet das DDZ die multizentrisch aufgebaute Deutsche Diabetes-Studie. Es ist Ansprechpartner für alle Akteure im Gesundheitswesen, bereitet wissenschaftliche Informationen zum Diabetes mellitus auf und stellt sie der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das DDZ gehört der „Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz“ (WGL) an und ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD e.V.).
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